Die Moerser Aufführung ist ein Glücksfall. Seit acht Jahren trugen sich Intendant und Dramaturgie mit dem Gedanken, das ‚Lehrstück ohne Lehre‘ aufzuführen. Nun hat die Zeit sich selbst so verdichtet, dass es kein besseres Timing geben könnte.“ (Theater der Zeit)
„Schon wieder eine Brandstiftung! Und wieder die alte Geschichte: Wieder ein Hausierer, der um Obdach bittet, und am andern Morgen steht das Haus in Flammen“ sagt der Haarwasserfabrikant Gottlieb Biedermann bei seiner Morgenzigarre, nur um unmittelbar danach einem Hausierer eine Unterkunft in seinem Haus anzubieten. Kurz danach werden die ersten Benzinfässer auf den Dachboden gerollt und Zündschnüre vermessen, doch Herr Biedermann schaut zu und tut – nichts.
Max Frischs Klassiker von 1958 zeigt mit fast mathematischem Kalkül, wie aus Egoismus, angepasster Bequemlichkeit, dummer Eitelkeit und Feigheit eine hochexplosive Mischung entsteht, mit deren Hilfe sich Gewalt und Terror ungehindert ausbreiten können. Je näher man der Welt des Gottlieb Biedermann kommt, um so ähnlicher werden die Brandstifter dem Biedermann.
Das „Lehrstück ohne Lehre“ funktioniert auch heute noch so gut, weil dem Albtraum des Biedermann das verdrängte Wissen um die eigene Mitverantwortung eingeschrieben ist. Es kann nicht sein, was nicht sein darf – und die Angst vor allem Fremden wird zum Motor einer gruselig-trivialen Groteske.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde des Schlosstheaters e.V.
Regie: Ulrich Greb
Bühne: Birgit Angele
Kostüme: Elisabeth Strauß
Dramaturgie: Annika Stadler
Mit: Magdalene Artelt, Patrick Dollas, Matthias Heße, Marissa Möller, Frank Wickermann
und dem Bürgerchor des STM
Musikalische Einstudierung: Otto Beatus