Die Neue Frau, rational, gebildet und sexuell selbstbestimmt, wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit dem Erstarken der Frauenbewegung zum Gegenstand der europäischen Literatur. Während Autoren sie meist nur als schmückendes Beiwerk einsetzten, wurden die Protagonistinnen der deutschen Schriftstellerin Irmgard Keun zu Identifikationsfiguren der zeitgenössischen Leserinnen. Mit Humor thematisierte sie die Widersprüche moderner Weiblichkeit: Liebe und Arbeit, Aufbruch und Resignation, ungewollte Schwangerschaft bei herrschendem Abtreibungsverbot, Abhängigkeit von Männern und der Kampf um die eigene Sprache. Mit ihrem Debütroman “Gilgi – Eine von uns” und dem Folgeroman “Das kunstseidene Mädchen” avancierte sie in den 1930er Jahren schlagartig zu einer gefeierten Schriftstellerin. Von den Nationalsozialisten bedroht, floh die unbequeme Autorin ins niederländische Exil, wo sie drei weitere Romane schrieb: über die Erfahrungen im nationalsozialistischen Deutschland, die Rhetorik des NS und das Wesen des Krieges. Die Sehnsucht nach einem Vergessen in der deutschen Nachkriegsgesellschaft war ihr zuwider. Zurück in Deutschland konnte sie nicht mehr an ihre Karriere aus der Vorkriegszeit anknüpfen und geriet in Vergessenheit. Erst in den Siebzigerjahren wurde sie als frühe Feministin entdeckt und gefeiert.
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