Und jetzt sitzt er da herum und sagt seit zwei Tagen kein Wort. Nicht gerade höflich. Plötzlich empfinden sie dein Nicht-Können in erster Linie als etwas, was sich gegen sie richtet. Denn du konntest ja vorher. Dabei hast du vorher auch nie gekonnt, nur mit für die anderen unbekannter Anstrengung hast du gekonnt, anstrengend und aufwendig wie eine Fahrt zum Mars – weil du wüsstest, anderes schafft noch viel grauenhaftere Probleme. Man will ja nicht alles verlieren dadurch, dass man sich so zeigt, wie man ist. (Unbekannter Autor)
Zwischen 12 und 17 % aller Menschen in Deutschland erkranken im Laufe ihres Lebens an Depression, seit Jahren steigt die Zahl. Trotzdem bleibt die Krankheit ein Tabu. Wer will schon zugeben, nicht mehr richtig zu funktionieren?
Der Soziologe Alain Ehrenberg nannte Depression eine Krankheit der Verantwortung gegenüber dem eigenen Ich. Die ständige Forderung nach Kreativität, Autonomie, Selbstständigkeit und Verantwortung stellt den Menschen in der modernen Gesellschaft vor die Aufgabe, um jeden Preis er selbst zu sein. Das Ich ist zur Großbaustelle geworden. Und manchmal reagieren der Körper, die Seele, der Kopf mit Rückzug auf ganzer Linie, mit innerer Leere, Antriebsschwäche und Erschöpfung. Mit dem Ausfall – raus aus der kreativ-dynamischen Gewinnmaximierungsgesellschaft, raus aus geistreichen Dialogen, raus aus …
Das Rechercheprojekt sucht in der Zusammenarbeit von Schauspielern und Betroffenen die Reibung des Themas mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten und Veränderungen des 21. Jahrhunderts und nimmt Menschen mit Depressionen als Teil eines gesellschaftlichen Phänomens wahr. »Under Cover« gibt betroffenen Menschen eine Öffentlichkeit und setzt damit Türen in die Mauer des Tabus.
Im Anschluss an die Vorstellung gibt es die Möglichkeit zum Gespräch mit den Mitwirkenden.
Premiere 30. November 2013, Altes Neues Rathaus
Aufführungsdauer 90 min, ohne Pause