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Spielzeit 2013 | 2014

Mann ist Mann

von Bertolt Brecht | Musik von Paul Dessau

Termin

Donnerstag, 15.05.2014 | 19.30 Uhr

Spielort

Schloss

Kategorie

Beschreibung

Galy Gay, der Mann, der nicht „Nein“ sagen kann, geht morgens einen Fisch kaufen und ist am Abend zum kampfbereiten Soldaten Jeraiah Jip mutiert. Bertolt Brechts frühes Lustspiel „Mann ist Mann“ ist eine Parabel auf die Austauschbarkeit menschlicher Identität. Es veranschaulicht in atemberaubender Geschwindigkeit und mit gnadenloser Ironie die Mechanik der Bestimmung menschlicher Identität durch den sozialen Kontext. Der Mensch, der nicht „Nein“ sagen kann, geht an dem Platz auf, an dem er gebraucht wird – allerdings erst, nachdem er aufgehört hat, ein Individuum zu sein.

„Das epische Theater Bertolt Brechts beruht zentral auf den Mechanismen der industriellen Moderne, die in den urbanen Metropolen ebenso greifen wie auf den technisierten Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges. Hier wie dort verliert die Masse der Individuen nach Brechts Worten »ihre Unteilbarkeit durch ihre Zuteilbarkeit«. Symbol und Vollstrecker der Vernichtung des Individuellen ist das Maschinengewehr, das den Tod massenhaft austeilt und die Aura des Einmaligen vernichtet.“ Thomas Weitin

„Der Krieg gilt einigen Philosophen  als gesellschaftlicher Grundzustand und der Frieden ist nur eine temporäre Ausnahme. Jede Nachkriegsgeneration ist demnach immer schon eine Vorkriegsgeneration. Wir begreifen Krieg inzwischen nur mehr als weit entferntes abstraktes Geschehen, virtuell, medial in Grünlicht getaucht, ohne reale Anbindung. Das dem nicht so ist, davon könnten hunderte amerikanische und europäische Soldaten und tausende Opfer in Afghanistan und im Irak erzählen, wenn man sie denn fragen würde. Bert Brecht untersucht in „Mann ist Mann“ aber nicht nur  die absurde Kriegslogik, sondern auch das Vorläufige jeder Identität. Der Soldat ist eine Konstruktion, eine Montage, die im Menschen das gewaltgeile Kriegsgerät freilegt. Schon Arthur Rimbaud meinte ‚Ich ist etwas Anderes‘:  Identität ist demnach eine Illusion mit Ablaufdatum und die Verwandlungsmöglichkeiten und Optionen unserer Identitäten könnte man „Freiheit“ nennen. Und die will gegen Gewalt verteidigt werden. Sei es mit Gewalt. Diese Freiheit nehmen wir uns.“ Philipp Preuss

„Mann ist Mann“ ist Philipp Preuss’ vierte Inszenierung am Schlosstheater. Seine Interpretation von „Der Geizige“ nach Molière begeisterte drei Spielzeiten lang das Publikum und wurde beim NRW-Theatertreffen 2012 mit dem Publikumspreis und dem Preis der Jugendjury ausgezeichnet. Auch seine Inszenierung „Kein Licht. / Prometheus“ aus der vorigen Spielzeit wurde zum NRW-Theatertreffen eingeladen.

Programmheft

Galerie

Fotograf/in: Jakob Studnar

Pressestimmen

In einer Zeit, in der das Virtuelle sich mehr und mehr vor das Reale schiebt, ist das Konzept von Identität, das schon Brecht in Frage gestellt hat, endgültig brüchig geworden. Mann ist Mann, und Frau ist Mann, und Mann ist Frau. Also wird Galy Gay in Philipp Preuss‘ nur sanft aktualisierter, aber deutlich skelettierter Inszenierung von Marieke Kregel verkörpert. Ein angeklebter Schnurrbart, aufgemalte Bartstoppel und ein gerade in Stressmomenten verstärkt auftretender Sprachfehler reichen der Schauspielerin, um sich die Identität des Packers perfekt anzueignen. …

Dabei hatte Galy Gay bei Preuss durchaus die Chance, sein altes Leben zu behalten und den drei von Frank Wickermann, Patrick Dollas und Matthias Heße verkörperten britischen Soldaten zu entkommen, die ihn als Ersatz für ihren bei einem versuchten Raubzug verloren gegangenen Kameraden brauchen. Marieke Kregel steht in diesem Moment vorne auf der Bühne und wiederholt immer die gleichen Sätze, dass sie gehen könnte, aber vielleicht doch noch gebraucht wird. Währenddessen gehen die anderen im Hintergrund wieder und wieder von rechts nach links und von links nach rechts. Jedes Mal blicken sie kopfschüttelnd und voller Verachtung zu Gay und stöhnen merklich auf. Er soll endlich verschwinden. Doch dazu kann er sich einfach nicht durchringen.

Dieses sinnlose Verharren ist zunächst nur ein grandioser komödiantischer Moment. Doch je länger er währt, desto quälender und bitterer wird er. … Marieke Kregels Galy Gay will seine Identität loswerden und sein bisheriges Leben verlieren. Ein Einzelner zu sein, selbst wenn dieser Einzelne alles bejaht, ist Arbeit und damit anstrengend. Und so liegt in Marieke Kregels Blick eine seltsame Gier, die später, wenn die Soldaten Galy mit einem falschen Geschäft locken, noch einmal aufblitzen wird.

nachtkritik.de, 16.5.2014

 

In der letzten Inszenierung der aktuellen Spielzeit treibt das Moerser Schlosstheater das Thema Inklusion auf die Spitze. Philipp Preuss bringt das Bertolt Brecht-Stück „Mann ist Mann“ mit vielen Effekten auf die Bühne im Schloss.

Kanonen schießen irgendwo ihre Ladung ab, Maschinengewehre im Stakkato ihre Munition. Und ein Hubschrauber scheint im Tiefflug seine Kreise über dem Schloss Moers zu ziehen – so bedrohlich, dass mancher Premierengast am Donnerstag unwillkürlich auf seinem Sitzplatz den Kopf einzieht. Regisseur Philipp Preuss will seinem Publikum das Gefühl geben, mittendrin zu sitzen in dieser Szenerie, die Bertolt Brecht in seinem Stück „Mann ist Mann“ zeichnete. … Die Szenenbilder, die der Regisseur in schneller Abfolge auf die Bühne bringt, wirken wie aus einem erfrischend jungen Videoclip.

Der Regisseur gibt seinen Schauspielern keine Requisiten an die Hand. Mal stellt ein ausgestreckter Arm, mal der Griff in den Schritt das Maschinengewehr dar. … Das Spiel des Ensembles ist pointiert und schnell.

Rheinische Post, 17.5.2014

 

Das Brecht-Stück heißt zwar „Mann ist Mann“, mit dem das Schlosstheater Moers jetzt Premiere feierte, aber die großen Rollen hatten Frauen. … Insofern ist es fast folgerichtig, die Rolle des Galy Gay, der morgens Fisch kaufen geht und abends zur menschlichen Kampfmaschine geworden ist, mit einer Frau zu besetzen. Und mit was für einer. Marieke Kregel hat eine solch großartige Leistung abgeliefert.

Wenn es denn stimmt, dass alle Männer gleich sind, wie es in dem Stück heißt, und nur das eine wollen, wie es in dem Stück reichlich gezeigt wird, dann werden diese allerdings wenig vom Brecht’schen Text mitkriegen. Sondern an Marissa Möller kleben, die in High Heels und mit Schlitz im Kleid eine, sagen wir, recht breitbeinige Leokadja Begbick gibt, ein ziemlich laszives Luder, das sogar dem Satz „Ich könnte einen Elefanten gebrauchen“ Erotik abverlangen kann.

Dass sich Unterhaltung und Haltung nicht ausschließen, hat Bertolt Brecht vorgegeben, Preuss dreht es noch ein bisschen weiter. Wobei dieses „Mann ist Mann“ trotz reichlich Konfetti keineswegs im klamaukigen Abgrund verschwindet.

 nrz, 17.5.2014

 

Super! Eine phänomenale schauspielerische Leistung!
Eintrag im Gästebuch