„Wandelt auf Erden ein Wesen auf zweien und vieren und dreien,
redet mit einer Stimme und verändert sich von allem,
was sich zu Lande in der Luft und im Wasser bewegt, als einziges.
Ist die Anzahl der Füße, mit denen es sich fortbewegt, am größten,
ist die Schnelle seiner Glieder am geringsten.“
[Akslepios von Samos, 4.Jh. v. Chr.]
Eine Pest bricht aus in Theben mit katastrophalen Folgen für Mensch, Tier und Natur. König Ödipus, der einst als einziger das Rätsel der Sphinx zu lösen vermochte und so die Stadt befreite, macht das Krisenmanagement einmal mehr zur Chefsache. Durch einen Orakelspruch erhält er den Hinweis,
dass der ungesühnte Mord an seinem Vorgänger die Epidemie verursacht habe. Unverzüglich beginnt er damit den Mord aufzuklären, um keine 24 Stunden später zu erkennen, dass er selbst der Täter, der Getötete sein Vater und dessen Frau Iokaste, seine Mutter und jetzige Ehefrau ist.
Alle bisherigen Gewissheiten über seine Lebensweise und Herkunft stellen sich als falsch heraus. Ödipus sticht sich die Augen aus und zieht als blinder Bettler in die Verbannung.
Die Geschichte ist über 2.400 Jahre alt und findet gleichzeitig genau jetzt statt, in einer Gegenwart, in der die Frage nach den irreversiblen Kipp-Punkten im globalen Erdsystem drängender ist als je zuvor. So wird uns in König Ödipus vor Augen geführt, dass es nicht ausreicht, ein vernunftbegabtes Wesen zu sein. Wir wissen, was zu tun ist, was hindert uns, es zu tun?
„Die Aufklärung muss sich auf sich selbst besinnen, wenn die Menschen nicht vollends verraten werden sollen.“ (Adorno/Horkheimer: Dialektik der Aufklärung)
Die Inszenierung „König Ödipus“ stellt die Frage nach dem Verhältnis von Wissen und Handeln und probiert, entlang des Schicksals der Hauptfigur, Handlungsalternativen zu finden, die die Tragödie aufhalten könnten. Ein Menschen- Experiment zwischen Mythos und Realität.