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Spielzeit 2014 | 2015

Im Ausnahmezustand

Von Falk Richter

Termin

Donnerstag, 06.11.2014 | 19.30 Uhr

Spielort

Kapelle

Kategorie

Beschreibung

„ICH LIEBE DICH.“
„DARUM GEHT ES DOCH GAR NICHT.“

Eine Frau, ihr Mann und der Sohn. Sie haben es geschafft – Annehmlichkeiten, geregelte Verhältnisse, Sicherheit – alles, was ein schönes Leben braucht. Sie leben in einer sogenannten „Gated Community“, die sich dem Guten und Schönen verschrieben hat. Die Gefahren der Außenwelt – Armut, Gewalt, politische Konflikte – werden durch einen Zaun ferngehalten, so scheint es.

Bliebe da nicht die Furcht vor dem Zerplatzen der Idylle, die Angst vor dem Scheitern, die sich tief in die Familie hineingefressen hat, hinein in die gehegte und eingehegte Welt. Hinter einer Maske der Positivität verzerren Misstrauen und Verlustängste die Wahrnehmung der Frau: Ihr Mann zeigt sich demotiviert und leistungsschwach und der pubertierende Sohn interessiert sich mehr für die gefahrenvolle Welt außerhalb der Einfriedung – selbstzerstörerische Angst, die zwangsläufig die Kehrseite des angestrebten Glücks ist.

Die Regisseurin Catherine Umbdenstock, zum ersten Mal zu Gast am Schlosstheater Moers, findet in der Kapelle das passende Szenario für das subtile Kammerspiel.

„Es ist im Kern ein Stück über Angst und Paranoia und über die Unfähigkeit, zu entscheiden, wie real die imaginierte Bedrohung ist, die von medialen Bildern verstärkt wird oder von geträumten Angstfantasien. Das ist genährt von der eigenen Abstiegsangst. Das scheint mir im Moment das entscheidende Thema in unserer Gesellschaft zu sein: Angst. Wie begründet diese Angst ist und das Gefühl, dass unsere gesicherte Schutzzone nicht mehr lange funktioniert, weiß ich nicht. Das können auch meine Figuren nicht beantworten.“
Falk Richter im Interview mit Peter Laudenbach

Falk Richter gilt als einer der wichtigsten deutschen Theaterregisseure und Dramatiker seiner Generation. Er inszeniert eigene Stücke, klassische und zeitgenössische Texte und übersetzt englischsprachige Dramatiker. In den letzten Jahren entwickelte er zunehmend freie Projekte basierend auf seinen eigenen Texten gemeinsam mit einem Ensemble aus Musikern, Schauspielern und Tänzern. Das Stück „Im Ausnahmezustand“ kam 2007 in seiner Regie zur Uraufführung an der Schaubühne Berlin.

Im Ausnahmezustand_Programmheft

Galerie

Fotograf/in: Jakob Studnar

Pressestimmen

„Großer Abend in Moerser Schlosstheater-Kapelle: der „Ausnahmezustand“ von Falk Richter. Wer ein Ausnahme-Stück Theater sehen will, sollte sich dieses intensive Sahneteilchen von Kammerspiel in der Gast-Regie von Catherine Umbdenstock nicht entgehen lassen.“

Karen Kliem in der WAZ, 8.11.2014

 

„Mit dem Theaterstück „Im Ausnahmezustand“ von Falk Richter legt die Regisseurin Catherine Umbdenstock ein nervenaufreibendes psychologisches Kammerspiel vor. Maresa Lühle, Frank Wickermann und Patrick Dollas gelang es bei der Premiere des Stückes in der Kapelle des Schlosstheaters Moers, die beklemmende Atmosphäre einer seelisch zerstörten „Familienidylle“ überzeugend zu vermitteln und die menschlichen Abgründe dahinter sichtbar zu machen. … Das Darstellertrio lieferte eine tolle Leistung ab, so dass man zum Schluss als Zuschauer beinahe erleichtert war, aus der klaustrophobischen Atmosphäre der Angst wieder ins Freie treten zu können, allerdings nicht, ohne den verdienten Applaus zu spenden.“

Cornelia Krsak in der Rheinischen Post, 8.11.2014

 

„„Die Frau“ und „Der Mann“ leben mit einem „Sohn“ in einem Paradies. In einer Gated Community …  Natürlich schüren Überwachung, strenge Sicherheitsvorkehrungen und der Genuss exklusivsten Luxuslebens Ängste. Und so wird Falk Richters Drei-Personen-Haushalt zu einem Ort, wo die Neurosen blüh’n. … Den völlig gestörten und wohl auch traumatisierten Sohn gibt Patrick Dollas in Moers mit grauslicher Intensität.

Keine Entwicklung habe das Stück, nörgelte die Theaterkritik nach der Berliner Uraufführung. Zumindest Frank Wickermann als „Der Mann“ zeigt in Moers sehr wohl eine Entwicklung. Zu Beginn wirkt er ganz normal, für eine Wickermann-Figur sogar erstaunlich ruhig und gelassen. Erst durch die Infragestellung und die Anwürfe der Frau verliert er Selbstbewusstsein und – gelegentlich – Contenance. … Keine Entwicklung? Schon beim Lesen schnürt einem Richters suggestive Beschreibung der explosiven Idylle phasenweise die Luft ab. Unerbittlich schrauben sich in Catherine Umbdenstocks Inszenierung die Psychosen in die Höhe. Der Boden, auf dem diese Familie steht, gerät während der 100minütigen Aufführungsdauer mehr und mehr ins Wanken; die Schüsse, die man nicht hört, treffen die Insassen des Paradieses auf metaphorische Weise. Eindringlich setzt das Moerser Ensemble den wortgetreu inszenierten Text um und löst in der kleinen Kapelle wahre klaustrophobische Gefühle aus.

Ein Disneyland ist das nicht. Insofern mag das Richters Stück im engeren Sinne als Gesellschaftskritik fehlgehen. Aber es ist eine brillante Komposition über Angstpsychosen, Traumata und gesellschaftliche Fehlentwicklungen, die überzogenes Sicherheits- und Statusdenken auszulösen vermögen. Wenn es denn je wirklich diskreditiert war, hat das Schlosstheater Moers das Stück mit dieser Inszenierung rehabilitiert.“

Dietmar Zimmermann in theater pur, 9.11.2014