Pressestimmen zu „Ein Volksfeind“

Der Arzt Thomas Stockmann deckt in einer aufstrebenden Kleinstadt einen Umweltskandal auf. Bürgermeister, Zeitungschef, Firmen- und Hausbesitzer wollen den lieber verschweigen und verharmlosen, um den Wohlstand der Kommune nicht zu gefährden. Dabei hilft ihnen die Mobilisierung der „kompakten Mehrheit“. Die buht den Doktor als „Volksfeind“ aus. Ulrich Greb, Intendant des Schlosstheaters, aktualisiert Ibsens 130 Jahre altes Stück gegen Bürokratie und Kapitalismus. Spielort ist, passend zum Stoff, ein neben dem Moerser Schloss gelegenes ehemaliges Amtsgebäude, das neue alte Rathaus. Vier Räume des ehemaligen Moerser Rathauses sind stilvoll zum Heilbad umdekoriert. Darin bieten das hochpräsente Ensemble und ein fünfköpfiger Laien-Sprechchor eine Politsatire mit Spannkraft, Verve und grotesker Komik. (Martin Burkert, WDR 5)

Ulrich Greb, hat die Stadt Moers am Niederrhein seit dem 13. September in Bad Moers umgetauft. Das seit dem Frühjahr leerstehende alte Rathaus in direkter Nähe zum Theater ist die passende Kulisse für den Ibsen-Klassiker Ein Volksfeind, den Greb in wunderbaren zwei Stunden als grelle Polit-Groteske inszeniert. Ganz ganz langer Schlussapplaus für eine tolle Inszenierung, ein absolut spielbegeistertes Ensemble und eine außergewöhnliche Spielstätte, die für den Volksfeind wie geschaffen ist. Ähnlichkeiten mit dem realen Moers, das finanziell in großen Schwierigkeiten steckt und immer mal wieder den Bestand des Schlosstheaters in Frage stellt, drängen sich auf. (Andreas Rehnolt, theaterpur.net)

Das Moerser Schlosstheater hält der Grafenstadt auf dem Höhepunkt der kommunalen Finanzkrise den Spiegel vor: Im stillgelegten Rathaus an der Meerstraße entfaltet Intendant Ulrich Greb eine Politgroteske, deren Parallelen zur aktuellen Lage in Moers für jede Menge Reibung sorgt. Das Publikum wird von Akt zu Akt durch das stillgelegte Gebäude mit seinen langen Gängen und verschlossenen Bürotüren geführt. Zum Showdown geht es in den großen Ratssaal. Eingangsfoyer und die frühere Kantine sind in maritimes Licht gehüllt. Es plätschert ein Quellbrunnen: Willkommen im Heilbad Moers. (Anja Katzke, Rheinische Post)

Willkommen in Bad Moers! Mit Henrik Ibsens „Volksfeind“ zeigt sich der Intendant einmal mehr als Mann für ungewöhnliche Spielorte. Denn er zieht mit dem Stück um Demokratie und Aufrichtigkeit – und dem Publikum – durch das leerstehende alte Neue Rathaus. Obwohl die Lage dramatisch ist – Ein Drama zeigt Greb nicht. Es ist eine krachende Groteske. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Schließlich ist die reale Stadt Moers pleite. So flicht Greb kleine lokale – und auch böse – Spitzen in seinen „Volksfeind“. Mit diesem komödiantischen „Volksfeind“, bei dem sich die Akteure auch schon mal slapstickhaft in Klapp-Liegestühlen verheddern dürfen und übergroße Hände wie Comicfiguren haben (ob der großen Aufgaben), kommt Greb seinem Ensemble und dessen kraftvoller Spielfreude entgegen. Matthias Heße überdreht dennoch den aalglatten Bürgermeister nicht, sondern führt ihn nur an die Grenze der Bauernschläue. Patrick Dollas lotet den Badearzt Thomas Stockmann zwischen rechtschaffenem Gewissen und egoistischem Wahnsinn genau aus. Und Frank Wickermann macht aus Hovstad, dem Redakteur des Volksboten, den Mann fürs Grobe. Langer, begeisterter Beifall. (Karen Kliem, WAZ)

Das Bad, das der Kurarzt Dr. Tomas Stockmann und sein älterer Bruder, der Bürgermeister Peter Stockmann, in ihrer kleinen Heimatgemeinde ins Leben gerufen haben, ist ein Haifischbecken. Das war es schon 1883, als Henrik Ibsens hellsichtige Politgroteske uraufgeführt wurde, und daran hat sich nichts geändert. Schon Ibsen schreckte in seiner Abrechnung mit zynischen Geschäftemachern wie mit verbohrten Idealisten nicht gerade vor plakativen Symbolen, grotesken Wendungen und holzschnittartigen Charakterisierungen zurück. Diese Mittel greift Ulrich Greb in seiner Inszenierung auf und geht dabei noch einen Schritt weiter als der Norweger. Etwas absurd und ziemlich surreal ist auch der Spielort für diese Amok laufende Politposse um einen elitären Weltverbesserer und kleinmütige Karrieristen. Das Alte Neue Rathaus steht seit Monaten leer und erweist sich als perfekte Kulisse für das „Bad Moers“. Die frühere Kantine, in der nun ein Springbrunnen das verseuchte Heilwasser sprudeln lässt, der Ratssaal, in dem die dunklen Stellen auf dem Teppich an frühere Tage erinnern, und die leeren Korridore der Provinzmacht, durch die das Publikum mit den Schauspielern streift, sie alle verströmen bedrückende Atmosphäre. Die vom Verfall gezeichneten Räumlichkeiten einer anonym gewordenen Autorität beschwören eine beinahe kafkaeske Welt herauf und eröffnen Grebs Groteske eine zweite, melancholische Dimension. (kulturkenner.de)

 

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