Ulrich Greb inszeniert „König Ödipus“ in Moers in der griffigen, rhythmischen und klaren Übersetzung Dietrich Ebeners. Und zunächst einmal bietet das Ensemble ausgezeichnetes Sprechtheater. Ödipus ist verkörpert von Roman Mucha, ein energetischer junger Politikertyp, der sich gern für seine vergangenen Verdienste feiern lässt. Er hat ja das Rätsel der Sphinx gelöst, was die Chorführerin oft wiederholt, gefolgt von eingespieltem Applaus wie in einer amerikanischen Fernsehsoap. Später bringt er alles selbst ins Wanken. Er ist der Hirte, der die Taten des Königs aufdeckt. Vor der Verwandlung hat Ödipus die gepflasterte Bühne aufgebrochen und ist in den von gelben Schwaden durchfluteten Raum darunter geglitten. Voller Schleim, nur mit einer Unterhose bekleidet, taucht er wieder auf, wie ein neugeborenes Kind. Nun verändert die Inszenierung ihre Grundstimmung, wird explosiver, körperlicher, gefährlicher. Und entwickelt immer wieder Momente boshafter Ironie. Das Schlosstheater Moers bietet eine rundum überzeugende heutige Lesart des „Ödipus“, abgründig, politisch, mit Sprachgefühl und starken Bildern, dabei sehr unterhaltsam. (Theater der Zeit)
Die Tragödie ist mitten unter uns. Daher spielt das fünfköpfige Ensemble zwischen dem Publikum. Der Mensch Ödipus ist schuldig, ohne es zu wissen und er zieht dabei in den eigenen Untergang. Regisseur Ulrich Greb übernimmt eine antike Tradition und lässt sein Ensemble auf 20 cm hohen Stelzen agieren. Damit sind schnelle Gänge unmöglich; die Sprache rückt ins Zentrum. In einer eindringlichen Szene zieht ein völlig desorientierter und verzweifelt brüllender Ödipus glibberig grüne Fäden aus einem offenbar verseuchten Wasser. Das Ensemble ist gut aufgelegt und spielt das Stück zunächst als klar erzählten Krimi, dann als surreale Warnung vor dem fatalen Umgang mit der Natur. Jedenfalls mit viel Raum für eine Neuinterpretation des alten Mythos. (WDR Scala)
Es ist wie ein böser Albtraum, dessen Höhepunkt sich Regisseur Ulrich Greb bis zum Schluss aufspart, um mit grellen Farben, mit Bühnennebel, monozon dröhnenden Bässen und noch mehr Glibber immer tiefer ins Surreale vorzustoßen. Die Erhabenheit, die Ödipus (Roman Mucha), Iokaste (Joanne Gläsel), Kreon (Matthias Heße), Teiresias (Georg Grohmann) und die Chorführerin (Emily Klinge) zu Beginn der Inszenierung vermitteln, basiert allerdings auf einem anderen, sehr fragilen Gefüge. Jeder Schritt auf den mindestens 30 Zentimeter hohen Holzgestellen, die Kostümbildner Jochen Hochfeld den Schauspielern an die Füße geschnallt hat, kann sie auch stürzen lassen. Roman Mucha und Emily Klinge spielen sich in der Inszenierung nach vorne. Emily Klinge gelingt es, als singende Chorführerin Stimmungen zu vermitteln, mal rockend anpeitschend, mal nur mit Lauten andeutend. Mucha füllt die Bandbreite des Ödipus aus: Er ist der über alles erhabene König, der am Ende nur in Unterhose bekleidet sich im Glibber windet. (Rheinische Post)
Im Schlosstheater sitzt das Publikum beiderseits einer freien, mit Steinplatten belegten Agora (Bühne: Birgit Angele). Auf dieser versiegelten Fläche prallt gelegentlich Regen ab; doch im Untergrund rumort es, die beschädigte Natur reagiert. Dann dringt aus einer Fuge giftig-grüner Schleim, der später in verstörenden Bildern auch Ödipus bedeckt. „König Ödipus“ führt gleichnishaft von der Antike ins vieldiskutierte Zeitalter des Anthropozäns mit den menschengemachten ökologischen Verbrechen. (WAZ)